Benediktinerinnenabtei Frauenchiemsee – Chiemsee

Broschüre:
Das königliche Stift und adelige Kloster Frauenchiemsee. Kupferstich von Michael Wening, 1701 © C. Soika
  1. Auf der Fraueninsel im Chiemsee sind bis heute die Traditionen eines zwölfhundert Jahre alten, adeligen Frauenklosters eindrucksvoll bewahrt geblieben. Die älteste noch bestehende benediktinische Frauenabtei Altbayerns wurde 782 vom letzten Agilolfingerherzog Tassilo III. und dessen Gattin Liutpirc gegründet. Aus der Gründungszeit sind noch die Torhalle mit den Engelsfiguren in der Michaelskapelle und einige Ausstattungsstücke der ersten Klosterkirche erhalten. Besonderes Ansehen genoss Irmengard, die Tochter des ostfränkischen Königs Ludwig des Deutschen, die von ca. 858/60 bis zu ihrem Tod 866 dem Kloster als Äbtissin vorstand. Ihr besonderer Einsatz für soziale, kirchenpolitische und künstlerische Belange führte schon unmittelbar nach ihrem Tod zu ihrer Verehrung und 1929 zur feierlichen Seligsprechung. Ihr Wirken, das in allen späteren Beschreibungen als Blütezeit der Fraueninsel bezeichnet wird, führte in Verbindung mit der Stellung Frauenwörths als eine unmittelbar dem König unterstellte Reichsabtei zu dem Jahrhunderte lang üblichen Titel: „Königliches Stift und adeliges Kloster Frauenwörth im Chiemsee“.
    Durch Brände und Plünderungen wie zur Zeit der Ungarnstürme im 10. Jahrhundert schien der Bestand des Klosters wiederholt gefährdet. Im 11. Jahrhundert fiel Frauenwörth nach dem Verlust der Reichsunmittelbarkeit dem Erzbistum Salzburg zu. Die Absicht Erzbischof Eberhards II., das Kloster aufzuheben und seine Güter zur Ausstattung des Bistums Chiemsee zu verwenden, scheiterte am Widerstand des Papstes. Politisch kam Frauenwörth im 13. Jahrhundert zwar wieder unter die Hoheit der bayerischen Herzöge, kirchlich verblieb es aber  bei Salzburg. Die Wirren des Dreißigjährigen Krieges überstand das Kloster unter der Leitung von Äbtissin Maria Magdalena Haidenbucher (1609-1650) trotz aller Angriffe auf einzelne Besitzungen und hoher Kriegssteuern ohne größere Schäden. Auch große Brandkatastrophen meisterte das Kloster in der Folgezeit erfolgreich, bis es schließlich im Zuge der Säkularisation 1803 offiziell aufgehoben wurde.
    Der größere Teil des Konvents blieb auch nach der Säkularisation unter schwierigsten Verhältnissen im Kloster, doch schien ein Erlöschen absehbar. Wegen der Insellage galten auch die Gebäude als nicht verwertbar. König Ludwig I. genehmigte jedoch 1836 auf Bitten der drei letzten noch lebenden Klosterfrauen die Wiedererrichtung. Danach erlebte das Kloster rasch eine neue Blüte. Neben der Pflege christlichen Klosterlebens in Einklang mit der Bevölkerung widmeten sich die Nonnen besonders der schulischen Erziehung von Mädchen. Alle Schulsparten und ein Internat genossen überregional einen hervorragenden Ruf und waren bis zur Einstellung 1995 gut frequentiert.
Die Torhalle aus der Gründungszeit des Klosters © C. Soika
Die Torhalle aus der Gründungszeit des Klosters © C. Soika

2. Die zweigeschossige Torhalle aus der Gründungszeit des Klosters um 782 gilt als das älteste vollständig erhaltene Bauwerk Süddeutschlands. Ein gleichzeitiger Zyklus von Engelsfiguren in der Michaelskapelle, mehrfach übertüncht und daher erhalten geblieben, wertet den Bau noch zusätzlich auf. In der Torhalle ist ein Museum eingerichtet, das Kopien romanischer Fresken zeigt, die über dem Kirchenschiff entdeckt wurden. Während die Klostergebäude des frühen Mittelalters nördlich der Stiftskirche lagen, wurde nach einem Brand im 10. Jahrhundert ein neues Kloster im Süden der Kirche errichtet. Der Kern der derzeitigen Anlage bestand bereits im 11. Jahrhundert einschließlich des frei neben der Kirche stehenden Glockenturms. Er wurde als Wehranlage errichtet, 1626 barockisiert und prägt mit seiner mächtigen Zwiebelhaube bis heute das Bild der Insel.

Die Klosterkirche mit dem barocken Hochaltar © C. Soika
Die Klosterkirche mit dem barocken Hochaltar © C. Soika

Kunstgeschichtlich von besonderer Bedeutung ist die Klosterkirche St. Maria, die im 11. Jahrhundert über den karolingischen Grundmauern des Vorgängerbaus errichtet wurde. Die dreischiffige Basilika ist in ihrer äußeren Erscheinung noch von der romanischen Bauperiode geprägt, im Inneren dominiert jedoch architektonisch die Epoche der Spätgotik. Das Langhaus der Basilika ist mit einem Rippengewölbe versehen. Im 18. Jahrhundert wurden die Irmengardkapelle hinter dem Hochaltar im Osten und die Maria-Mitleid-Kapelle im Norden ausgemalt. Die Ausstattung der Kirche prägt der Barock mit elf Altären, Orgel und Kanzel gehören bereits dem Rokokostil an. Im Hochaltar von 1694 befindet sich ein aus der Münchner Frauenkirche stammendes Altarbild das Christus als Auferstandenen zeigt, der seiner Mutter erscheint. Auch alle übrigen Altäre in den Seitenschiffen entstanden gegen Ende des 17. Jahrhunderts.

In der Irmengardkapelle findet man die Grabstätte der als „zweite Stifterin des Klosters“ verehrten seligen Irmengard. Die Wände sind übersät mit Dankestafeln, ein Fürbittenbuch liegt aufgeschlagen für Einträge bereit. Die große Verehrung, die der seligen Irmengard auch heute noch von den Gläubigen zuteil wird, zeigt sich hier deutlich.

3. Das Kloster mit seinen Wohnbereichen und Wirtschaftsgebäuden, seinem Friedhof und seinen Gärten bildet eine idyllische und eindrucksvolle Anlage. Auch nach der Einstellung der schulischen Tätigkeit 1995 blieben die geistlichen Frauen dem Lehrbetrieb treu. Die Angebote zur Fortbildung in Form von Kursen und Seminaren sowie die Möglichkeit der inneren Einkehr und Meditation wenden sich heute vor allem an Erwachsene. Mit derzeit 34 Frauen, die ein Klosterleben nach der Regel des hl. Benedikt führen, bildet der Konvent von Frauenchiemsee wie schon seit vielen Jahrhunderten ein geistliches und kulturelles Zentrum des Chiemgaus.