Mattsee – Kollegiatstift

Broschüre:
Mattsee mit der Stiftskirche (li.), dem Stift und der Pfarrkirche. Lithographie von Georg Pezolt 1845. © H. Dopsch
Mattsee mit der Stiftskirche (li.), dem Stift und der Pfarrkirche. Lithographie von Georg Pezolt 1845. © H. Dopsch
    1.  Mattsee wurde um 757/765 vom Bayernherzog Tassilo III. als Mönchskloster gegründet. So wie die benachbarte Abtei Mondsee, aus der vielleicht die ersten Mönche kamen, war auch Mattsee dem Erzengel Michael geweiht. Der erste Abt Alboin wird bereits 770 als Teilnehmer der Synode von Dingolfing erwähnt. Im frühen 9. Jh. erlebte die Abtei eine Blüte, die späteren Salzburger Erzbischöfe Adalram und Liupram gehörten dem Konvent an und die Schreibschule (Skriptorium) brachte bedeutende Werke der Buchkunst hervor. Mattsee schaltete sich auch in die Missionsarbeit in Pannonien, dem heutigen Ungarn, ein und erhielt als Basis dafür 860 von König Ludwig dem Deutschen Besitz im Wechselgebiet in Niederösterreich geschenkt.
      Der ostfränkische König Karlmann übergab Mattsee 877 an das von ihm gegründete Pfalzstift Altötting (in Bayern). Der Mattseer Konvent bestand zwar fort, aber die frühe Blüte des Klosters ging zu Ende. Als Abt Burchhard 903 Bischof von Passau wurde, machte er Mattsee zu einem Passauer „Eigenkloster“. Vor der Mitte des 11. Jh.s wurde Mattsee in ein Kollegiatstift umgewandelt, das den Passauer Bischöfen als wichtiger Stützpunkt gegenüber dem Erzbistum Salzburg diente. Die Kanoniker betreuten als Weltpriester die zahlreichen inkorporierten Pfarren und nahmen zugleich Aufgaben im Dienst des Bischofs wahr. Obwohl dem Mattseer Kapitel die freie Wahl des Propstes zustand, konnten die Passauer Bischöfe ein Ernennungsrecht durchsetzen. Da die Pröpste stets aus dem Passauer Domkapitel kamen und  weiterhin in Passau residierten, musste der jeweilige Dechant in Mattsee die Leitung des Kapitels übernehmen. Seit dem Kauf von Burg und Herrschaft Mattsee durch die Salzburger Erzbischöfe 1390/98 lag das Stift Mattsee zwar im Land Salzburg, blieb aber weiterhin ein Passauer Eigenkloster und gehörte samt der Pfarre bis 1807 zur Diözese Passau.
      Nach der großen Pestpandemie 1348/49 gab es nur noch zwei Kanoniker im Konvent, aber auch im 15. Jh. und besonders zur Zeit der Reformation schien der Fortbestand des Stiftes bedroht. Im späten 17. Jahrhundert kam es zwar zu einer Konsolidierung, aber die Krisenzeit der napoleonischen Kriege und das Ende der geistlichen Herrschaft in Salzburg (1803) gefährdeten die Existenz erneut. Als man 1808 die Funktionen des Propstes und des Dechanten vereinigte, gab es nur mehr drei Priester im Stift. Im Jahre 1900 wurde die Inkorporation jener Pfarren, die in der Diözese Linz lagen, aufgehoben, bis 1960 schieden dann auch die Salzburger Pfarren aus. Unter nationalsozialistischer Herrschaft entging das Stift zwar der Aufhebung, das Propsteigebäude wurde jedoch beschlagnahmt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gelang eine wirtschaftliche Konsolidierung und 1977 konnte das 1200-Jahr-Jubiläum feierlich begangen werden.
    2. Damit verbunden waren eine durchgreifende Restaurierung der Stiftskirche und archäologische Untersuchungen, die Aufschluss über die ältesten Kirchenbauten brachten. In der barockisierten Stiftskirche steckt die frühgotische Querschiffbasilika des 13. Jh.s. Das barocke Propsteigebäude mit dem kleinen und großen Kapitelsaal beherbergt das Stift- und Heimatmuseum. Von den einstigen Häusern der Kanoniker sind nur noch wenige erhalten. Die Filialkirche zur Mutter Gottes in Zellhof, früher dem hl. Georg geweiht und drei Jahrhunderte lang Zentrum einer Wallfahrt, reicht in ihren Anfängen in das 11./12. Jh. zurück.
Das Stiftskapitel von Mattsee mit dem neu gewählten Propst Vinzenz Baldemair und Generalvikar Univ. Prof. Dr. Hans Paarhammer am 7. Mai 1996 © H. Dopsch
Das Stiftskapitel von Mattsee mit dem neu gewählten Propst Vinzenz Baldemair und Generalvikar Univ. Prof. Dr. Hans Paarhammer am 7. Mai 1996 © H. Dopsch
  1. Das Kapitel besteht aus dem Propst, elf Kanonikern (ohne Residenzpflicht) und drei Ehrenkanonikern, die zweimal jährlich zu den Kapitelsitzungen sowie zu weiteren Treffen zusammen kommen. In Mattsee wohnen nur drei Kanoniker im Ruhestand, die anderen sind als Pfarrer in Salzburg und im oberösterreichischen Innviertel tätig. Das Stift bewirtschaftet noch 9 ha Weingärten in Krems und Stein und verkauft die Weine aus der Eigenproduktion im Weinkeller (Tassiloweg Nr. 4). Durch den „Verein der Freunde des Stiftes Mattsee“, der seine Veranstaltungen der Geschichte und Kultur des Stifts widmet, ist die Beziehung zwischen Bevölkerung und Stift vertieft worden.
Autor/in: Heinz Dopsch