Petrusquelle – Siegsdorf

Broschüre:
© A. Rosenegger

Vom Badebetrieb zum Mineralwassererzeuger

Auch das freundliche Siegsdorf wird nunmehr ein Bade-Ort. Am 15. Mai eröffnet Herr Postexpeditor und Gastgeber zum Unterwirth Martin Huber eine neue Bade-Anstalt mit der gleichen Mineralquelle wie im Wildbad Adelholzen. Bei den vielen Annehmlichkeiten, welche Siegsdorf und seine schöne Umgebung bieten, dürfte auf günstigen Erfolg des Unternehmens wohl zu rechnen sein“ – soweit das Traunsteiner Wochenblatt vom 11. April 1869. Es sollte mit seiner Einschätzung nicht falsch liegen. Besagter Martin Huber hatte 1854 den Unterwirt, das Gasthaus „Alte Post“, erworben. Eine hinter dieser historischen Taferne austretende Quelle entsprang der Leite am Reutener Berg. An der gegenüberliegenden Westseite dieser Erhebung hat auch das Adelholzener Wasser seinen Ursprung. Die Frage, ob seine Quelle nicht die gleiche Qualität wie die legendäre „Primusquelle“ haben könnte, ließ den umtriebigen Wirt nicht mehr los: 1863 gab er bei einem Münchner Labor ein Gutachten in Auftrag.

Postkarte um 1900 © Fotoarchiv Landratsamt Traunstein
Postkarte um 1910 © Fotoarchiv Landratsamt Traunstein

 

 

 

 

 

Das Ergebnis war für ihn mehr als erfreulich, denn beiden, der Primus- wie auch der Petrusquelle, wurde gleiches spezifisches Gewicht und – mit geringen Abweichungen – die gleiche chemische Zusammensetzung bescheinigt. „Es unterliegt hienach keinen Bedenken, dass beide Wässer […] noch einander so nahe verwandt sind, dass sie als nahezu identisch betrachtet werden können, und das Siegsdorfer Wasser sich mindestens derselben heilkräftigen Wirkung erfreuen dürfte, als das Adelholzener Wasser.“ Dies war die Geburtsstunde der „Petrusquelle“. Ihren Namen erhielt sie von der 1554 erstmals genannten Kirche St. Peter, die ein alter Plan in unmittelbarer Nähe oberhalb des Gasthofes darstellt. Sie war 1809 „den Stürmen der Säkularisation“ zum Opfer gefallen. Unverzüglich errichtete Huber neben einer Freibadeanstalt an der Roten Traun in seinem Haus ein „Mineralbad“.

Inserat, um 1925 © Stadtarchiv Traunstein

Um 1870 wurden 40 geräumige Zimmer, 60 bis 70 Betten und zwölf Wannen von Gästen genutzt, die vorzugsweise dem gehobenen städtischen Bürgertum, etwa aus München, Nürnberg oder Augsburg, angehörten. 1907 erbaute der damalige Eigentümer Johann Baumgartner aus Traunstein ein an das Hauptgebäude anschließendes Badehaus. Er vertrieb auch erstmals das Quellwasser über die Region hinaus als Tafelwasser in Flaschen mit Bügelverschluss. Abfüll- und Lagerräume befanden sich in den Stallungen und Garagen. Damit legte Baumgartner aus bescheidenen Anfängen den Grundstein für die wirtschaftliche Zukunft der Petrusquelle. Im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs kam der Kurbetrieb zum Erliegen und wurde nach 1945 nicht mehr wiederbelebt. Geblieben war hingegen der Verkauf von Mineralwasser, dessen Abfüllung 1953 grundlegend modernisiert wurde. 1955 wurde der Brunnen neu gefasst, 1962 verlegte man die Abfüll- und Lagerräume in das neu ausgestattete Gebäude (vormals ein Kino!) am Höpflinger Weg 1. Das Betriebsgelände am Höpflinger Weg 8 entstand 1962 und wurde seither ständig erweitert und modernisiert.

Die Abfüllanlage der Petrusquelle, 2017 © A. Rosenegger

1983 erkannte die TU München die Siegsdorfer Petrusquelle als „natürliches Mineralwasser“ an. Nach zahlreichen Probebohrungen wurde 1998 auf der Maderwiese über der alten Quelle eine neue Quellfassung geschaffen. Diese Horizontalbrunnen-Anlage, die nicht auf den Einsatz von Pumpen angewiesen ist, gibt pro Sekunde sieben Liter naturreines Mineralwasser aus dem Reservoir im Urgestein am Fuße des Hochfelln frei. Seit 1994 ist die Siegsdorfer Petrusquelle GmbH eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der Staatlichen Mineralbrunnen AG Bad Brückenau.

Autor/in: Franz Haselbeck