Primusquelle in Adelholzen – Siegsdorf

Broschüre:
© J. Lang

Berühmtes Wildbad aus dem Mittelalter

Der Legende nach gilt der hl. Primus, der im 3. Jahrhundert als Einsiedler im Chiemgau gelebt haben soll und um das Jahr 305 zusammen mit seinem Bruder Felicianus in Rom als Märtyrer starb, als Entdecker der Quelle, die bis heute seinen Namen trägt. Der Ort wird erstmals im Herzogsurbar von 1301/07 genannt, und seit 1517 lässt sich hier ein Bad nachweisen. Im 16. Jahrhundert kamen heilsame Bade- und Trinkkuren mehr und mehr in Mode.

Das Wildbad Adelholzen auf einem Holzschnitt von 1629 © J. Lang
Das Wildbad Adelholzen auf einem Holzschnitt von 1629 © J. Lang

Allerdings verhielten sich die „Patienten“ nicht immer nach den Vorstellungen der Obrigkeit: Meist badeten Männer und Frauen gemeinsam, „Genusssucht und rasende Wollust“ waren ihre Begleiter. Auch das Wildbad Adelholzen blieb von diesem moralischen Verfall nicht verschont. So mahnte 1584 der bayerische Herzog den damaligen Besitzer, „offene Gastereien, Danzen, Kugeln [und] Wettlauffen“ zu unterbinden. Mit dem Traunsteiner Kastner Ott Heinrich Lindl, der 1615 Adelholzen als Edelmannssitz erhielt, verstummten diese Klagen. Lindl schuf ein prunkvolles Ensemble mit einem schlossartigen Kurhaus inmitten einer Anlage, die 150 Personen beherbergen konnte. 1629 erstellte Georgius Bopp eine „Wasserbeschreibung dess vor vil hundert Jahren […]erfundenen Wildtbadts Adelholzen […], darinnen allerley Krancken auch sogar Podagrische, Wassersüchtige, groß Geschwollne, Krumme und Lahme wunderbarliche Hülff erlangt haben und gesund worden.“ Erklären konnte der Arzt sich dieses Phänomen nicht; der „mineralische Halt“ des Wassers sei eher „spiritualisch als corporalisch“.

Das Adelholzener Bad zur Zeit der Spätromantik, Stahlstich um 1860 © J. Lang

Doch sei das Wasser „nicht schwer, noch matt, noch zu frisch oder hart, sondern mild, lieblich, gelind und gut zu trinken, verursachet nicht leicht eine Blähung und geht bald wieder durch.“ 124 Stunden, beliebig verteilt auf die Dauer seines Aufenthalts, sollte jeder Gast darin baden! Zahlreiche Adelige und Fürsten, darunter 1736 Bayerns Kurfürstin Maria Amalie, lockte der gute Ruf hierher. Die Blütezeit dauerte gut ein Jahrhundert.

Ab 1750 häuften wechselnde Besitzer mehr und mehr Schulden an. Im Januar 1840 ging das Schlossgebäude in Flammen auf, sein Eigentümer Franz de Paula Sailer, der vor der Zwangsversteigerung stand, kam bei dem Brand ums Leben.

Allegorie als Werbe-Vignette, um 1920 © Stadtarchiv Traunstein
© Stadtarchiv Traunstein

 

 

 

 

 

 

 

Georg Mayr (1795–1870), aus einfachsten Verhältnissen stammend, der schon die „Kaltwasserheilanstalt“ Bad Brunnthal im heutigen Münchner Stadtteil Haidhausen erfolgreich geführt hatte, gelang es noch einmal, „Adelholzen aus dem Schutt“ zu erheben. Er hatte 1849 die Idee, das Heilwasser nicht nur vor Ort zu nutzen, nsondern er bot seinen Gästen auch an, „sich ein Fässchen […] zur Fortsetzung der Trinkcur mit nach Hause zu nehmen“. Sein Sohn Wilhelm griff 1895 diesen Gedanken auf und begann, das Wasser der Adelholzener Quellen in Flaschen zu versenden. Doch private Probleme brachten ihn um seine Existenz; Adelholzen hatte seinen Tiefpunkt erreicht. Am 13. April 1907 erwarb die Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul den heruntergewirtschafteten Betrieb. Mit harter Arbeit erweckten die Schwestern sowohl die Füllerei als auch das Bad zu neuem Leben. 1946 wurde das Kurhaus, das während der beiden Weltkriege ein Lazarett gewesen war, zu einem „Stoffwechselkrankenhaus“ umgebaut, das der Orden bis 1968 führte. Geblieben sind die „Adelholzener Alpenquellen“, Bayerns größter Mineralbrunnen, ein sozial orientiertes Unternehmen, das jährlich etwa 520 Millionen Flaschen verschiedenster Produkte abfüllt.

Autor/in: Franz Haselbeck