ehem. Domstift (1121-1514) – Stadt Salzburg

Broschüre:
Der romanische Salzburger Dom, Ausschnitt aus der Stadtansicht 1553 in der Erzabtei St. Peter. Über dme Dom sind die roten Dächer des Domstifts zu erkennen, das direkt südlich an den Dom angebaut war. Links vom Dom liegt das Spital des Domkapitels. © H. Dopsch
Der romanische Salzburger Dom, Ausschnitt aus der Stadtansicht 1553 in der Erzabtei St. Peter. Über dme Dom sind die roten Dächer des Domstifts zu erkennen, das direkt südlich an den Dom angebaut war. Links vom Dom liegt das Spital des Domkapitels. © H. Dopsch

Erzbischof Konrad I. (1106-1147) begann seine große Bistumsreform 1122 mit der Umwandlung des adeligen Domkapitels in ein Augustiner-Chorherrenstift. Das damals errichtete Domkloster an der Südseite des romanischen Domes bestand aus drei Trakten mit je einem Kreuzgang für die Domherren, die Laienbrüder und die Domfrauen. Diese waren als Konvent der Augustiner-Chorfrauen bis 1462 dem Domkapitel angeschlossen, hielten ihren Gottesdienst aber an der Marienkirche, der heutigen Franziskanerkirche. Erzbischof Konrad I. übertrug dem Domkapitel die Pfarrrechte in der Stadt Salzburg, reichen Grundbesitz im Kaiviertel und das Gebiet von Scheffau im Lammertal.

Denkmal für Erzibischof Leonhard von Keutschach (1495-1519), der sich entschieden der Säkularisation des Domkapitels widersetzte, auf der Festung Hohensalzburg
Denkmal für Erzibischof Leonhard von Keutschach (1495-1519), der sich entschieden der Säkularisation des Domkapitels widersetzte, auf der Festung Hohensalzburg

Die zentrale Rolle des Domstifts im Rahmen der Chorherrenreform wird aus dem Besetzungsrecht für die Stifte Suben, Weyarn und  Höglwörth ersichtlich. Wichtigste Aufgabe war das Engagement in der Seelsorge. Neben der Salzburger Stadtpfarre waren dem Domstift zehn Pfarren im Land Salzburg sowie Arnsdorf, Wölbling und Traismauer in Niederösterreich inkorporiert.

Das bedeutendste Recht des Domkapitels war die Wahl des Erzbischofs. Allerdings beanspruchten die Ministerialen noch bis zum Ende des 13. Jhs. ein Mitspracherecht und die Päpste versuchten, sich auf dem Weg der Reservation und Provision die Besetzung des Erzbistums vorzubehalten. Leiter des Kapitels war der Dompropst, der auch die Strafgewalt über Domherren und Bedienstete besaß, nur beim Chorgesang war der Domdekan das Oberhaupt. Weitere Ämter und Dignitäten waren der Stadtpfarrer, der Kustos als Leiter der Verwaltung, der Scholasticus, dem die Domschule unterstand, der Kantor, der Oblajar, dem die Messstiftungen im Dom anvertraut waren, und der Spitalmeister als Leiter des Domspitals im Kaiviertel. Als Regularkanoniker mussten sich die Domherren durch ein Gelübde zum Gemeinschaftsleben, zum Verzicht auf jeden Privatbesitz und zur Anwesenheit in Salzburg verpflichten. Fast ein Drittel von ihnen absolvierte ein Universitätsstudium. Die Salzburger Domschule genoss über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf und verfügte über eine stattliche Bibliothek. Die im Domstift geführten Jahrbücher bringen wertvolle Nachrichten, in der Schreibschule entstanden prachtvolle illuminierte Handschriften.

Der Hauptbesitz lag im Lungau, wo das Domkapitel in den „befreiten Winkeln“ über eine ausgedehnte Niedergerichtsbarkeit verfügte.

Ausschnitt aus der Stadtansicht Salzburgs von Paulus van Vianen, 1602. Zwischen der Stadtpfarrkirche (links) und dem Kloster St. Peter (rechts) sind der im Abbruch befindliche romanische Dom und das ehemalige Domstift zu erkennen. © H. Dopsch
Ausschnitt aus der Stadtansicht Salzburgs von Paulus van Vianen, 1602. Zwischen der Stadtpfarrkirche (links) und dem Kloster St. Peter (rechts) sind der im Abbruch befindliche romanische Dom und das ehemalige Domstift zu erkennen. © H. Dopsch

Zentren waren der domkapitlische Markt Mauterndorf und die gleichnamige Burg als Sitz des Pflegers. Gemeinsam mit der Zisterzienserabtei Salem betrieb das Domkapitel bis 1530 das Sudhaus Oberhof in Hallein. Politisch bildete das Domkapitel das einzige Gegengewicht zum Erzbischof. Seit 1290 übernahm es für die Zeit der Sedisvakanz die Zwischenregierung im Lande. Ab 1427 begannen die Domherren Wahlkapitulationen aufzustellen, durch die ein künftiger Erzbischof verpflichtet werden sollte, auf ihre Wünsche und Forderungen einzugehen. Kardinal Matthäus Lang versprach 1514, als Gegenleistung für seine Wahl zum Koadjutor beim Papst die Säkularisation des Domkapitels durchzusetzen. Papst Leo X. stimmte zu und erließ am 22. Dezember 1514 die feierliche Säkularisationsbulle. Mit der Aufhebung der Ordensregel wurden aus den „geistlichsten Domherren in deutschen Landen“ wieder weltliche Domherren und aus dem Domstift ein adeliges Domkapitel.

Portrait des Kardinals Matthäus Lang (1519-1540), der als Koadjutor 1514 die Säkularisation des Salzburger Domkapitels durchsetzte © H. Dopsch
Portrait des Kardinals Matthäus Lang (1519-1540), der als Koadjutor 1514 die Säkularisation des Salzburger Domkapitels durchsetzte © H. Dopsch

Beim Abriss des romanischen Doms wurde 1606 bis 1608 der nördliche Teil des Domklosters demoliert, der Südwesttrakt blieb noch bis 1680 erhalten. Als neues Zentrum diente das 1602-1606 errichtete Kapitelhaus in der Kapitelgasse, das an der Fassade die Wappen des Erzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau und der Domherren trägt und seit 1995 die Universitätsdirektion beherbergt.

Autor/in: Heinz Dopsch