Benediktinerkloster mit Kirche St. Lambert in Seeon © C. Soika
Das ehemalige Benediktinerkloster Seeon mit der Kirche St. Lambert, den zugehörigen Kapellen und den Konventsbauten gehört zu den kulturhistorisch bedeutendsten Denkmälern Bayerns und besticht zudem durch seine äußerst malerische Lage am Seeoner See. Das Gründungsjahr des Klosters wird in der Überlieferung mit 994 angegeben. Der bayerische Pfalzgraf Aribo I. hatte in der Seeoner Gegend von seinem Vater einige Güter geerbt und gründete an der Stelle einer alten Burg eine Benediktinerabtei, die dem hl. Märtyrerbischof Lambert von Maastricht geweiht war. Das Kloster entstand im Zeichen der hochmittelalterlichen Kirchenreform in enger Zusammenarbeit mit dem hl. Wolfgang von Regensburg. Es wurde von Mönchen aus dem Kloster St. Emmeram in Regensburg besiedelt und erhielt schon 999 von Kaiser und Papst zahlreiche Privilegien.
Seeon unterhielt schon bald nach der Gründung eine berühmte Mal- und Schreibschule.
Romanische Kreuzigungsgruppe © C. Soika
Aus dieser „Seeoner Schule“ existieren heute noch prachtvolle illuminierte Handschriften in den großen Bibliotheken im Vatikan, in Paris, Wien und München. Seeon war zudem immer eine Stätte der Wissenschaft und besonders in der Barockzeit auch der Musik. Das Kloster besaß ein eigenes Orchester, und so verwundert es nicht, dass Wolfgang Amadeus Mozart hier oft zu Gast und mit dem Abt freundschaftlich verbunden war. Eine bis zur Aufhebung des Klosters 1803 noch vorhandene große Bibliothek weist zudem auf die rege literarische Tätigkeit der Seeoner Mönche hin, die schon mit den Gedichten des Abtes Gerhard (ca. 1000-1020) einsetzte.
Die Klosteranlage war im Laufe der Jahrhunderte ständigen Veränderungen unterworfen. Das Kloster der Gründungszeit hatte zunächst nur bescheidene Unterkünfte für die Mönche und eine kleine Kirche aufzuweisen. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts wurde dann ein größerer Neubau des Klosters im romanischen Stil ausgeführt. Dieser Bau bestand jedoch nur ein knappes Jahrhundert, und schon um 1180 errichtete man die im wesentlichen noch heute bestehende Kirche mit einer dreischiffigen Vorhalle samt Obergeschoß, den zwei Türmen und der dreifachen Apsis als Abschluss im Osten. Der Burghausener Baumeister Konrad Pürkhel baute die Kirche Anfang des 15. Jahrhunderts um.Einzigartig ist die Ausmalung der Kirche mit den Renaissancefresken von 1579. Besonders beeindruckt die auf einem Querträger hoch oben im Deckengewölbe des Mittelschiffes angebrachte romanische Kreuzigungsgruppe mit überlebensgroßen Figuren. Diese waren nach der Säkularisation für lange Zeit in einer Dorfkapelle der Umgebung untergebracht. So blieben sie erhalten und kamen erst vor wenigen Jahren wieder nach Seeon zurück. In der Barbarakapelle, die von dem bedeutenden Abt Honorat Kolb in der Barockzeit errichtet wurde, steht gleich beim Eingang in der Raummitte das Stifterhochgrab von Aribo I., eine meisterhafte Steinmetzarbeit aus der Zeit um 1400. An den Wänden der Kapelle sind die Grabplatten der Äbte des 15. und 16. Jahrhunderts aufgereiht.Die gesamte nähere Umgebung wurde vom Kloster geprägt, wie ein ehemaliger Eiskeller zum Bierkühlen oder der Name „Weinberg“ eines Südhanges gegenüber dem Kloster noch zeigen.Zum gesamten Komplex des Klosters gehören auch einige Gebäude in der näheren Umgebung, wie der Mayerhof als Ökonomiegebäude oder die ehemalige Klosterapotheke. Unmittelbar benachbart ist die Kirche St. Walburgis des ehemaligen Nonnenklosters in Seeon, das offenbar nur kurze Zeit existierte. In dem einschiffigen gotischen Bau konnten von dessen einst reicher Innenausmalung bei der kürzlich erfolgten Renovierung große Teile freigelegt werden. Um das Gotteshaus herum befindet sich die Begräbnisstätte der russischen Adelsfamilie von Leuchtenberg, in der auch Mitglieder der Zarenfamilie der Romanows bestattet sind, mit den charakteristischen Kreuzformen der russisch-orthodoxen Kirche. Heute ist im Klostergebäude das Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern untergebracht.
Autor/in: Dr. Christian Soika