6 Regionen – Bayern

Broschüre:
Das Territorium von IUVAVUM (C. Uhlir & K. Schaller, 2007)
Das Territorium von IUVAVUM (C. Uhlir & K. Schaller, 2007)

Das Gebiet des heutigen Freistaates Bayern umspannte in römischer Zeit Teile von drei Provinzen. Der größte Anteil mit Schwaben, Ober- und Niederbayern sowie Mittelfranken gehörte der Provinz Raetien (RAETIA) mit der Provinzhauptstadt Augsburg (AUGUSTA VINDELICUM) an. Nieder- und Oberbayern südöstlich des Inns zählte zum Gebiet der Provinz NORICUM mit dem Verwaltungszentrum VIRUNUM (Zollfeld) im heute österreichischen Kärnten. Im unterfränkischen Maingebiet lag ein kleiner Abschnitt des Limes in der Provinz Obergermanien (GERMANIA SUPERIOR) mit der Provinzhauptstadt MOGONTIACUM (Mainz). Weite Teile Nordbayerns lagen allerdings außerhalb des Römischen Reiches und waren von germanischen Stämmen besiedelt, deren Verhältnis zu Rom stets wechselvoll blieb.

Das bayerische Voralpenland, in dem die keltischen Stämme der RAETER, VINDELIKER, ALAUNEN uns AMBISONTEN siedelten, wurde im Rahmen des Alpenfeldzuges des Tiberius und des Drusus im Jahre 15 v. Chr. erobert. Im Gegensatz zu RAETIEN waren der wohl friedlichen Eroberung NORICUMS enge Handelsbeziehungen zwischen dem REGNUM NORICUM – einem keltischen Stammesverband zwischen Inn und dem Ostrand der Alpen – und Rom schon seit dem 2. Jh. v. Chr. vorausgegangen. Neben den besiegten raetischen Stammesverbänden werden von den norischen Stämmen nur die Ambisonten auf dem römischen Siegesdenkmal in La Tourbie bei Monte Carlo erwähnt, so dass davon auszugehen ist, dass sich das restliche REGNUM NORICUM widerstandlos in das Römische Reich eingliedern ließ.

Altar für die Nymphen © O. und F. Harl, Foto O. Harl 2004
Altar für die Nymphen © O. Harl 2004

Wahrscheinlich wurden erst unter Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) RAETIEN und NORICUM zur Provinz erhoben. Das militärische wie das zivile römische Leben entwickelte sich in beiden Provinzen seit Beginn des 1. Jhs. n. Chr. und erreichte im 2. Jh. n. Chr. seine Blüte. Diese wurde aber vielerorts durch die Markomannenkriege unterbrochen. Meist wurden die zerstörten Städte schnell wiederaufgebaut, und die Siedlungen erfuhren in der Folgezeit einen Aufschwung. Im 3. und 4. Jh. n. Chr. führten wiederholte Einfälle germanischer Stämme – vor allem der ALEMANNEN – zum schrittweisen Niedergang der römischen Herrschaft im bayerischen Raum. Für Raetien ist seit Beginn des 4. Jhs. n. Chr. mit einer bedeutenden germanischen Bevölkerungskomponente böhmischer Herkunft zu rechen. Diese verschmolz jeweils mit der einheimischen Bevölkerung. Spätestens im 5. Jh. n. Chr. stellte sie vor allem in den Militärlagern die Mehrheit der Bevölkerung. In der ersten Hälfte des 5. Jhs. versuchte der römische Heermeister des Westreiches AETIUS mehrfach Raetien und Norikum gegen eindringende Juthungen zu verteidigen. Das nördliche Alpenvorland hatte zudem erheblich unter der Herrschaft der Hunnen bis um die Mitte des 5. Jhs. zu leiden. Die Vita des Hl. Severin, der um 460 n. Chr. nach NORICUM kam und dort segensreich wirkte, beschreibt die letzten Jahre der römischen Herrschaft im bayerischen Voralpenland. Durch die jahrzehntelangen feindlichen Einfälle waren das ländliche Leben und somit die Versorgung mit Lebensmitteln weitgehend zusammengebrochen. Die Provinzbevölkerung war so extremen Hungersnöten ausgeliefert. Die Menschen sammelten sich an vereinzelten befestigten Orten und versuchten von dort aus ihr Überleben zu sichern. Sie waren jedoch auch in den Fluchtburgen nicht vor germanischen Einfällen sicher. Der westliche Teil der Provinz Raetien wurde bereits um die Mitte des 5. Jhs. von den Alemannen besetzt. Im Jahre 488 n. Chr. befahl der Ostgote Odoaker, der den letzten weströmischen Kaiser abgesetzt hatte, die Räumung Norikums und die Rückführung der Bevölkerung nach Italien. Trotz dieser Aufforderung verblieben vor allem um IUVAVUM (Salzburg) römische Siedler im nördlichen Alpenvorland. Diese Restromanen hatten wohl erheblich Anteil an der Bildung des neuen Stammes der Bajuwaren.