Burghausen – Stadt

Broschüre:
Burghausen heute: Burg - Altstadt - Neustadt © Burghauser Touristik GmbH
Burghausen heute: Burg - Altstadt - Neustadt © Burghauser Touristik GmbH

Von der Herzogstadt zum Chemiediamanten

Geschichte

Der Ortsname Burghausen bedeutet „bei den Häusern an der Burg“. Die Endung „-hausen“ weist auf eine Entstehungszeit der Siedlung im 8. Jahrhundert hin. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte allerdings spät. Als Kunigunde, die Witwe Kaiser Heinrichs II., den Königshof (Alt-)Ötting, Burghausen und vier Forste dem Erzbischof von Salzburg schenkte, wird Burghausen 1025 erstmals urkundlich erwähnt. Kaiser Konrad II. verhinderte die Durchführung dieses Prekarienvertrages. Burghausen blieb dadurch bayerisch, als Folge konnte Salzburg kein geschlossenes Territorium bis Mühldorf schaffen. Die Lage im Grenzbereich zwischen dem Herzogtum Bayern und dem Hochstift Salzburg prägte fortan die Geschichte Burghausens in politischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht. In kirchlichen Belangen gehörte Burghausen zum Erzbistum Salzburg.

Für die Sicherung des Reichsgutes in dieser Region setzte Kaiser Konrad II. Grafen zur Verwaltung der umfangreichen Forste westlich und östlich der Salzach ein. Um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert übten die Sighardinger dieses Amt aus. Nach dem Tod des letzten Burghauser Grafen 1163/64 kam die Burg Burghausen unter unmittelbare Verwaltung des bayerischen Herzogs, 1229 auch die Siedlung.

In dieser Phase erfolgte der Ausbau Burghausens zur Stadt. Ein exaktes Datum für die Stadtwerdung gibt es nicht, jedoch eine Reihe wichtiger Kennzeichen. Unter Graf Gebhard I. wird Burghausen 1131 in einer Urkunde „urbs“ genannt, ein Hinweis auf die Entwicklung zum zentralen Ort. In dieser Urkunde ist der Schiffsverkehr auf der Salzach und die Zollstelle Burghausen erwähnt. Von 1307 stammt die Burghauser Stadtrechtsurkunde, nicht vom Herzog, sondern von den Räten der Stadt Burghausen niedergeschrieben. Ihre Echtheit wird nach neuesten Forschungserkenntnissen jedoch angezweifelt. 1309 wird erstmals der Jakobimarkt als einer von drei Jahrmärkten erwähnt. Mit der Erweiterung des Stadtgebietes im Süden durch die Spitalvorstadt – namensgebend ist das Heilig-Geist-Spital, dessen Gründung sich 1319 unter maßgeblicher Mitwirkung der niederbayerischen Herzöge abzeichnet, allerdings erst 1332 von Friedrich Mautner von Katzenberg durch umfangreiche Schenkungen vollzogen wird – wird auch eine Stadtmauer 1330 erstmals urkundlich erwähnt.

Manifestiert wird die wachsende Bedeutung Burghausens durch die Funktion als Residenz der niederbayerischen Wittelsbacher, die 1293 in der Hofordnung festgelegt wurde. Dies ist sicherlich dem Ausbau der Burghauser Burg geschuldet, der unter Herzog Heinrich XIII. im Zuge der Landesteilung 1255 erfolgte. Die Burg sicherte das Herzogtum im Südosten gegen Salzburg und diente zudem als Staatsgefängnis und Schatzkammer sowie als Familienresidenz der niederbayerischen Herzöge. Herzog Georg der Reiche ließ die Burg unter der Türkengefahr in militärischer Hinsicht ausbauen und erweitern. In der „Landshuter Hochzeit“ hatte er 1475 die polnische Königstochter Hedwig geheiratet, die bis zu ihrem Tod 1502 mit einem Hofstaat von über 100 Personen hier lebte. Die Burg Burghausen war im Spätmittelalter ein bedeutender Fürstenhof.

Die Stadt erlebte bis Ende des 15. Jahrhunderts eine wirtschaftliche wie politische Blüte, nicht zuletzt ersichtlich durch die Verlegung des Viztumamtes von der Burg Reichenberg bei Pfarrkirchen an der Rott nach Burghausen.

Nach der Vereinigung Ober- und Niederbayerns 1505 verlor Burghausen seine Funktion als wittelsbachische Familienresidenz.

Ehemaliger Sitz der Regierung des Rentamtes Burghausen © G. Nixdorf, Burghausen
Ehemaliger Sitz der Regierung des Rentamtes Burghausen © G. Nixdorf, Burghausen

Eine Behördenreform 1507 wies der Stadt jedoch eine zentrale Rolle in der Landesverwaltung zu. Burghausen wurde neben München, Landshut und Straubing Sitz eines der vier neu geschaffenen bayerischen Rentämter. Die Beamten und ihre Familien machten etwa 20 Prozent der Bevölkerung aus. Zum Rentamt Burghausen gehörte das wirtschaftlich bedeutende Innviertel, von wo große Mengen an Naturalabgaben geliefert wurden. Kurfürst Max Emanuel verlieh Burghausen 1688 den Titel „Hauptstadt“.

Burghausen im 18. und 19. Jahrhundert ist vom wirtschaftlichen und politischen Niedergang gekennzeichnet. Die zunehmende finanzielle Schieflage der Stadt und das Schwinden ihrer politischen Bedeutung wandelten die Regierungsstadt in eine unbedeutende, verarmte Kleinstadt. Diese Entwicklung beginnt bereits im 16. Jahrhundert, als Burghausen durch die Verstaatlichung des Salzhandels seine Haupteinnahmequelle verlor. Ein großer Teil der Bevölkerung büßte damit seine Arbeit ein.

Im Spanischen (1701-1714) und Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) belasteten Feindbesetzun­gen und Einquartierungen von Truppen die Stadt. Am einschneidendsten für Burghausen war jedoch der Bayerische Erbfolgekrieg. Im Frieden von Teschen 1779 musste Bayern das Innviertel an Österreich abtreten. Damit verlor das Rentamt Burghausen die Hälfte seines Gebietes und seinen wirt­schaftlich bedeutendsten Teil. Burghausen war nun Grenzstadt und lag am Rande Bayerns.

Schon seit 1763 hatte Burghausen wegen Zahlungsunfähigkeit einer staatlichen Zwangsverwaltung unterstanden. 1802 wurden im Rahmen der Neuorganisation Bayerns das Rentamt Burghausen und die Regierung aufgelöst. 1807 verlor die verarmte Stadt den Titel „Hauptstadt“. 1891 verließ die Garnison auf der Burg nach rund 130 Jahren die Stadt. Burghausen hatte endgültig seine einstige Bedeutung verloren.

Ein nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung erfolgte, als Alexander Wacker in Burghausen 1916 ein Werk für elektrochemische Industrie baute – die erste Acetonfabrik der Welt. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Werk stetig ausgebaut. Mit dem Wachstum stieg auch der Bedarf an Arbeitskräften. Zählte Burghausen 1916 noch rund 3600 Einwohner, waren es 1919 bereits 1000 Einwohner mehr. Um Siedlungsraum zu schaffen, entstand die Neustadt als neuer Stadtteil auf der Hochterrasse oberhalb der Altstadt. Burghausen wuchs durch zahlreiche Eingemeindungen flächenmäßig stetig an. Auch das Industriegebiet vergrößerte sich stark.

Kloster Raitenhaslach - Akademiezentrum der TU München © Burghauser Touristik GmbH
Kloster Raitenhaslach – Akademiezentrum der TU München © Burghauser Touristik GmbH

2016 wurde im ehemaligen Zisterzienserkloster Raitenhaslach das Akademiezentrum der TU München eröffnet, ein Ort des internationalen wissenschaftlichen Austausches. Seit 2017 ist Burghausen Hochschulstadt mit naturwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Studiengängen.

Ortsbild

Burghausen ist durch seine besondere topographische Situation zweigeteilt: Die historische Altstadt an der Salzach wird von dem langgestreckten Höhenrücken mit der 1.051 Meter langen Burg überragt. Die Burg erhebt sich auf einer Hochterrasse aus der letzten Eiszeit, auf der im 20. Jahrhundert in Richtung Norden die Neustadt entstand.

Der Burghauser Stadtplatz mit der Stadtpfarrkirche St. Jakob und dem ehemaligen Jesuitenkolleg © Burghauser Touristik GmbH
Der Burghauser Stadtplatz mit der Stadtpfarrkirche St. Jakob und dem ehemaligen Jesuitenkolleg © Burghauser Touristik GmbH

Die Siedlung Burghausen entwickelte sich um die 1140 geweihte Kirche St. Jakob am südlichen Ende des Stadtplatzes. Wenngleich es an schriftlichen Belegen mangelt, ist der Ausbau des Stadtplatzes wohl durch die Wittelsbacher erfolgt. Sie gründeten ab dem Ende des 12. und im 13. Jahrhundert zahlreiche Orte, deren zentrale Plätze der wirtschaftlichen Versorgung durch Märkte dienten. In dieses Schema fügt sich der Burghauser Stadtplatz ein. Er wurde an der Stelle geplant, wo Fluss und Berg jeweils am weitesten entfernt sind. Markante Gebäude sind das seit 1439 im Besitz der Stadt befindliche Rathaus, das Regierungsgebäude als ehemaliger Sitz der Rentamtsbehörden und das Taufkirchen-Palais, Residenz des Vizedoms im 18. Jahrhundert.

Burg und Altstadt mit Plättenfahrt von österreichischer Seite aus gesehen © Burghauser Touristik GmbH
Burg und Altstadt mit Plättenfahrt von österreichischer Seite aus gesehen © Burghauser Touristik GmbH

Im Süden mündet der Stadtplatz in den Straßenzug der Grüben, der parallel zur Salzach zum Mautnerschloss, der ehemaligen Mautstelle, führt. Im 14. Jahrhundert entstand nach Süden hin die Spitalvorstadt mit dem Heilig-Geist-Spital als Mittelpunkt. Nach Norden hin wird in Verlängerung des Stadtplatzes erstmals 1370 die Zaglau erwähnt. Die Entwicklung der Bürgerstadt und der Ausbau der Burg waren im Spätmittelalter abgeschlossen, das Stadtgebiet abgesteckt. Es bot Raum für 285 Häuser und gut 2.000 Einwohner. Über diese Zahl wuchs Burghausen erst nach dem 19. Jahrhundert hinaus.

1353 und 1504 verwüsteten große Brände die Stadt Burghausen. Baugeschichtlich bedeutete dieser Brand eine Zäsur im Stadtbild Burghausens. Die Häuser wurden in der im Inn-Salzach-Gebiet typischen Bauweise mit Vorschussmauern, Grabendächern und Brandgassen wieder errichtet.

Die Burghauser Niederlassung der Congregatio Jesu am Stadtplatz mit Realschule © G. Nixdorf, Burghausen
Die Burghauser Niederlassung der Congregatio Jesu am Stadtplatz mit Realschule © G. Nixdorf, Burghausen

In der Zeit Burghau­sens als Haupt- und Regierungs­stadt gab es durch die Ansiedlung von Ordensgemeinschaften einige Veränderungen im Stadtbild, die sich ohne Bruch einfügten. 1629 errichteten die Jesuiten ein Kolleg und die Studienkirche St. Josef in der Zaglau, heute eines der ältesten bayerischen Gymnasien. In der Spitalvorstadt erbauten die Kapuziner 1649 ein Kloster mit Kirche, Seminar und großem Garten, das heute von der Jugendherberge und der städtischen Musikschule genutzt wird. 1683 bezogen die Englischen Fräulein am Stadtplatz ein Gebäude. Noch heute befindet sich der Orden sowie eine Realschule darin.

Mit der Ansiedlung von Wacker 1916 und dem ständigen Zuzug von Arbeitskräften entstand ein völlig neuer Stadtteil auf der Hochterrasse oberhalb der Altstadt – die Neustadt. In dieser Zeit teilte sich Burghausen in die bürgerlich geprägte Altstadt „unten“ und in die von zugewanderten Industriearbeitern bewohnte Neustadt „oben“.

Durch den Umzug vieler Familien und Betriebe in die Neustadt blutete die Altstadt Ende der 1950er Jahre aus. 1964 bis 2001 wurde sie mit zahlreichen Maßnahmen saniert und deutlich revitalisiert. Mitte der 1990er Jahre begannen Sanierungsmaßnahmen in der Neustadt. Die rasche, kaum geregelte bauliche Entwicklung der Jahre ab 1950 zeigte nun erhebliche Defizite. Im Zuge der Landesgartenschau 2004 wurden Teile der Neustadt städtebaulich komplett überarbeitet. Es entstand unter anderem ein weitläufiger Stadtpark in der Stadtmitte.

Altstadt und Burg - denkmalgeschütztes Ensemble © Burghauser Touristik GmbH
Altstadt und Burg – denkmalgeschütztes Ensemble © Burghauser Touristik GmbH

Durch das rasche Wachstum der Neustadt blieb die mittelalterliche Altstadt in einzigartiger städtebaulicher Geschlossenheit erhalten und steht als Ensemble mit der Burganlage unter Denkmalschutz.

Wirtschaft

Im Mittelalter war die Lage Burghausens an der Salzach in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiv. Die Stadt war die erste Mautstätte des Herzogtums Bayern an der Salzach flussabwärts. Hier durfte frühestens das Salz aus Hallein auf Wägen umgeladen werden, und nicht schon in den salzburgischen Orten Laufen oder Tittmoning. Burghausen erlangte dadurch eine wichtige Stellung im Salzhandel.

Burghausen Mitte des 18. Jahrhunderts mit Warentransport auf der Salzach © Stadtmuseum Burghausen
Burghausen Mitte des 18. Jahrhunderts mit Warentransport auf der Salzach © Stadtmuseum Burghausen

Mit der Einführung des herzoglichen Monopols auf den Salzhandel 1594 erlosch jedoch dieser Wirtschaftszweig für die Stadt. Mit dem Warentransport per Schiff auf der Salzach und den ortsansässigen Gewerbetreibenden, die den Bedarf der Einwohnerschaft, der Regierungsbeamten und der Garnisonsangehörigen deckten, ist das Wirtschaftsleben bis Ende des 19. Jahrhunderts umschrieben.

Wirtschaftlichen Aufschwung brachte erst wieder die „Dr. Alexander Wacker Gesellschaft für elektrochemische Industrie KG“, die 1916 die weltweit erste Acetonfabrik hier erbaute und sich zu einem global operierenden, börsennotierten Chemiekonzern entwickelte.

Burghausen ist heute ein pulsierendes Wirtschaftszentrum im Südosten Bayerns und der bedeutendste Standort des „ChemDelta Bavaria“, des bayerischen Chemiedreiecks. Neben dem weltweit größten Standort der Wacker Chemie AG befinden sich hier weitere international operierende Unternehmen wie z. B. OMV Deutschland GmbH (1966 von der Deutschen Marathon Petroleum GmbH als petrochemische Raffinerie erbaut), Borealis Polymere GmbH seit 1998 sowie Produktionsstandorte der Linde AG und der Vinnolit GmbH & Co. KG. Von den rund 17.500 Arbeitnehmern in Burghausen kommen täglich an die 13.400 Einpendler aus der umliegenden Region.

Wappen

Wappen der Stadt Burghausen
Wappen der Stadt Burghausen

In Rot auf grünem Dreiberg eine silberne Burg mit geöffnetem goldenen Tor. Drei Türme, von denen der mittlere höher und breiter ist; die Dächer sind golden.

Das erste überlieferte Siegel befindet sich an einer Spitalurkunde von 1332. Die Gestaltung des Stadtwappens orientiert sich an diesem Siegel. Der Dreiberg im Schildfuß kam erst 1416 dazu. Die heutige Tingierung mit goldenen Dächern ist seit 1605 (Wappenbuch von Johann Siebmacher) überliefert. Abweichend davon wurden die Dächer im 20. Jahrhundert in Blau geführt. 1977 kehrte man zur Tingierung mit den goldenen Dächern zurück, die auf der ältesten Wappenbeschreibung basiert und damit heraldisch maßgeblich ist.

 

 

Autor/in: Eva Gilch