Maria Mühlberg – Waging am See

Broschüre:
Wallfahrtskirche Maria Mühlberg oberhalb von Waging © H. Roth
Wallfahrtskirche Maria Mühlberg oberhalb von Waging © H. Roth

Bei kaum einer anderen Wallfahrt lässt sich die Entstehung und frühe Entwicklung einer Gnadenstätte so gut nachvollziehen wie bei der auf dem Ausläufer einer Seitenmoräne südöstlich von Waging gelegenen Wallfahrtskirche zu „Unserer Lieben Frau auf dem Mühlberg“: am 24. Juni 1669 erblickte die fußkranke Viehdirn Eva des Mühlberger Bauern Adam Laiminger auf ihrem Heimweg von der Waginger Kirche an einem wilden Birnbaum einen angehefteten kleinen Kupferstich mit der Darstellung des Ettaler Gnadenbildes.

Kopie der Ettaler-Madonna aus dem Holz des Birnbaumes © H. Roth
Kopie der Ettaler-Madonna aus dem Holz des Birnbaumes © H. Roth

Dieses Andachtsbild fand rasche Verehrung durch das gläubige Volk, indem ein Opferstock zur Aufstellung gelangte und Votivgaben dargebracht wurden, was Untersuchungen durch den Ortspfarrer, den Laufener Dekan sowie das Salzburger Konsistorium auslöste und schließlich zu eidlichen Befragungen der Gläubigen führte. Trotz der versuchten Unterbindung der aufkommenden Wallfahrt durch die Geistlichkeit wurde 1671 mit Genehmigung des Erzbischofs Max Gandolf von Kuenburg, der bei einem Besuch von der Zahl der betenden Wallfahrer beeindruckt war, ein kleiner Kapellenbau errichtet. Aus dem Stamm des umgehauenen Birnbaumes wurde eine Nachbildung des Ettaler Gnadenbildes geschaffen, die zum vielverehrten Kultbild wurde.

Die unvermindert anhaltende Wallfahrt und damit Finanzkraft der

Altar mit dem Kupferstich in der Monstranz © H. Roth
Altar mit dem Kupferstich in der Monstranz © H. Roth

Gnadenstätte führte 1709/13 zur Erweiterung des Baues um zwei Joche und zur Errichtung eines Turmes als Dachreiter. Der Altar wies die außergewöhnliche Form eines vielästigen Birnbaumes mit der Figur des Ettaler Gnadenbildes auf. Er ist heute an der nördlichen Seitenwand angebracht. Anlässlich der Jahrhundertfeier der Einweihung 1857 wurde die Kirche bis 1862 renoviert, mit Deckenbildern von J. Rattensperger versehen und der baumartige Altar durch eine neubarocke Ausführung ersetzt. Über dem Tabernakel befindet sich in einem Metallschrein mit Strahlen die 1774 von J. K. von Butermann aus Augsburg geschaffene Monstranz. Sie birgt den kleinen Kupferstich, der die Wallfahrt einst ausgelöst hat.

Von der durch die Jahrhunderte ungebrochenen Wallfahrt künden ab dem Jahre 1670 an die 390 Votivtafeln. Sie sind neben ihrer volksreligiösen Aussage wertvolle kulturgeschichtliche Bildquellen, die einen Einblick in das Leben und Wirtschaften unterschiedlicher Bevölkerungsschichten vermitteln. So zeigen sie Haus- und Hofformen, Innenräume und Gegenstände sowie das Kleidungsverhalten der Menschen im Verlauf von zwei Jahrhunderten. Es ist der umfangreichste Votivbilderbestand im Chiemgau und Rupertiwinkel.

Autor/in: Hans Roth