Blick auf die Stadt Tittmoning – im Hintergrund die Schlote des Kohlekraft-werkes Riedersbach, OÖ. © S. Schwedler Die ehemalige salzburgisch-bayerische Grenzstadt
Geschichte
Der am Ende der letzten Eiszeit abschmelzende Salzachgletscher schuf bei Tittmoning ein breites Becken mit Mittel- und Hochterrassen, die sich als geeignete Siedlungsplätze erwiesen. Aus der näheren Umgebung sind seit der Jungsteinzeit Funde überliefert, während die Römerzeit in Tittmoning bedeutende Spuren hinterlassen hat.
Für die links der Salzach verlaufende Römerstraße von Iuvavum-Salzburg in Richtung Regensburg und Passau galt es hinter Tittmoning ein steiles Gelände auf die Hochterrasse zu überwinden, was zur Ansiedlung von Werkstätten der Metallverarbeitung führte, deren Erzeugnisse 1978 ergraben wurden. Bereits 1903 und zuletzt 1974 konnten nahe der heutigen Stiftskirche Teile eines reich gestalteten Mosaikfußbodens und farbige Putzflächen aus dem 3./4. Jahrhundert geborgen werden, die nun in restauriertem Zustand im „Heimathaus des Rupertiwinkels“ auf der Burg zu besichtigen sind.
Ansicht der Stadt von Osten, um 1820. © S. Schwedler
Römischer Mosaikfußboden im Museum. © R. Ruhland
Reihengräber aus baiuwarischer Zeit belegen die Nutzung der verkehrsgünstigen Lage und des fruchtbaren Jungmoränenbodens. Nach 700 schenkte der Agilolfinger Herzog Theodpert der Salzburger Kirche sowie dem Kloster Nonnberg dort Grundbesitz. 1234 ertauschte Erzbischof Eberhard II. vom Kloster Nonnberg den Berg zu Tittmoning, ließ ihn als Grenzfeste gegen das benachbarte wittelsbachische Burghausen befestigen. Am Fuß der Burg legte er die heutige Stadt an, geprägt von dem 350 Meter langen Marktplatz mit dem „Saumarkt“, dem Handwerkerviertel im Süden und dem „Herrenmarkt“ im Norden. Die schon 1242 mit einem Mauerring umgebene Siedlung wird 1265 erstmals als Stadt bezeichnet. Ein Stadtrichter wird 1366, ein Bürgermeister 1424 erwähnt. Als Zentrum der landesherrlichen Verwaltung für ein weites Umland war Tittmoning Sitz eines Pflegers, Landrichters, Mautners und Kastners und diente nach 1600 auch den Erzbischöfen als beliebter Jagdaufenthalt, woran der Fürstenstock auf der Burg erinnert. Nach der Säkularisation des Erzstifts Salzburg 1803 kam nach mehrmaligem Regierungswechsel 1810 das neu gebildete Landgericht Tittmoning an Bayern und verlor 1816 durch die Grenzziehung zwischen Bayern und Österreich das rechts der Salzach gelegene Hinterland. Durch die Verwaltungsreform des Jahres 1862 wurde das Landgericht Tittmoning aufgelöst und mit Laufen vereinigt. Die Landkreisreform von 1972 führte zur Angliederung des ehemaligen salzburgischen Pfleggerichts Tittmoning an den Landkreis Traunstein.
Ortsbild
Nach dem verheerenden Stadtbrand 1571, dem auch die ab 1410 neu errichtete spätgotische Pfarrkirche St. Laurentius und die Katharinenkapelle mit dem Stadtturm in der Platzmitte teilweise zum Opfer fielen, erfolgte der Wiederaufbau der Stadt in Form der Inn-Salzach-Bauweise mit hochgezogenen Fassaden, hinter denen sich das Grabendach verbirgt (vgl. auch Laufen). Mehrere der würfelförmigen Bürgerhäuser weisen stuckverzierte Fassaden und Erker aus dem 18. Jahrhundert auf.
Marienstatue von J. G. Itzlfelder (1758) am Stadtplatz. © S. Schwedler
Westseite des Stadtplatzes mit Storchenbrunnen. © S. Schwedler
Inneres der 1682/83 erbauten Allerheiligen-Kirche. © S. Schwedler
Das Laufener Tor mit Wappen des Erzbischofs Harrach. © S. Schwedler
Schützenscheibe mit bayerischem Wappen, um 1811/12. © S. Schwedler
Ostseite des Stadtplatzes mit Rathaus. © S. Schwedler
Bemerkenswert sind das Rathaus mit vergoldeten Terrakottabüsten römischer Imperatoren über den Fenstern, geschaffen 1711 von dem Bildhauer Reichard Högner, und das Khuenburg-Haus mit zweigeschossigen Rundbogenarkaden auf Rotmarmorsäulen im Innenhof aus dem 16. Jahrhundert. 1815 zerstörte ein Brand erneut die Stiftskirche und deren barocke Ausstattung mit Werken des Bildhauers Meinrad Guggenbichler und des Malers Johann Michael Rottmayr.
Zu den bedeutenden Sakralbauten zählen die ehemalige Klosterkirche der Augustiner-Eremiten, erbaut von 1681 bis 1683 mit einheitlicher barocker Ausstattung, und die Wallfahrtskirche Maria Ponlach, ein Zentralbau von 1716 mit einem Hochaltar des Salzburger Hoftischlers Simon Thaddäus Baldauf.
Die Burg von Südosten mit dem Getreidekasten. © S. Schwedler
Die das Stadtbild beherrschende Burg mit unterschiedlich hohen Tuffquaderbauten, einer Ringmauer mit umlaufendem Wehrgang und dem um 1550 errichteten mächtigen Getreidekasten hat ihre mittelalterliche Baugestalt noch weitgehend bewahrt.
Wirtschaft
Den wirtschaftlichen Schwerpunkt Tittmonings bildeten durch die Jahrhunderte der Salztransport, die Leinenproduktion sowie der Warenhandel an der bayerisch-salzburgischen Grenze, gewährleistet durch zwei Wochenmärkte und mehrere Jahr- und Viehmärkte, die auch das weitere Umland mit Waren versorgten. Der Rückgang des Schiffverkehrs setzte schon Ende des 18. Jahrhunderts ein und verstärkte sich durch die Grenzziehung 1816, mit der die Stadt ihr Absatzgebiet jenseits der Salzach verlor. Durch die Randlage an der Grenze Bayerns und die damit verbundene wirtschaftliche Stagnation hat sich die Baugestalt der Stadt nahezu unverändert erhalten. Inzwischen haben sich größere technische Betriebe mit weltweitem Absatz am Rande der Stadt angesiedelt und tragen zur Wirtschaftskraft Tittmonings bei.
Wappen
In Blau eine silberne Stadtmauer mit offenem Tor, goldenem Fallgatter und zwei rot bedachten Zinnentürmen, zwischen ihnen ein golden gekleideter Bischof mit Mitra, die Rechte segnend erhoben, in der Linken einen goldenen Krummstab. Das Wappen mit der Bischofsfigur über dem Stadttor ist seit dem zweiten Stadtsiegel von 1403 nachweisbar und erinnert an die bis 1803 währende Herrschaft der Erzbischöfe von Salzburg.
Aktuell
Seehöhe 385 m, Fläche 72,04 km2 (inklusive der eingemeindeten Ortsteile), 6.097 Einwohner, Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Traunstein.
Das „Heimathaus des Rupertiwinkels“ in der Burg dokumentiert als Regionalmuseum die Kultur und Geschichte des Rupertiwinkels mit den Schwerpunkten Römerzeit, Volkskunst, Handwerkskultur, Landwirtschaft und religiöse Volkskunde. Bedeutend die Sammlung von 180 schmiedeeisernen
Grabkreuzen und 130 Schützenscheiben ab 1630. In den Museumsrundgang einbezogen ist die 1693 erbaute Schlosskapelle mit einem Altarbild von Johann Michael Rottmayr.
Autor/in: Hans Roth