Traunreut – Stadt

Broschüre:
Traunreut, Rathausplatz © Stadt Traunreut
Traunreut, Rathausplatz © Stadt Traunreut

Europastadt voller Dynamik

Geschichte

Die Stadt Traunreut liegt etwa 15 km nordöstlich des Chiemsees auf der rechten Hochschotterterrasse des Flusses Traun in einer risseiszeitlichen Altmoränenlandschaft. Nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, entwickelte sich die Stadt durch eine Reihe von Industrieansiedlungen und durch den Zuzug vieler Menschen, vor allem aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, rasch zur heute größten und wirtschaftlich stärksten Stadt im Landkreis Traunstein.

Entstanden ist die Stadt aus den Bunkern und Magazinhäusern der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt St. Georgen. Seit 1938 betrieb die Deutsche Wehrmacht hier eine Fabrik, in der hochgiftige Kampfstoffe hergestellt und in Granaten abgefüllt wurden. Mit der Fabrik errichtete man damals auch mit großem Aufwand eine Infrastruktur, von der ein großer Teil der Straßen, das Bahngleis sowie die Wasserversorgung und -ableitung heute noch genutzt werden und die Grundzüge der Stadtanlage prägen. Nicht zuletzt entstand eine Vielzahl von Bunkern, Baracken und Schuppen. Diese Gebäude bildeten die Voraussetzung dafür, dass schon im September 1945 etwa zwei Dutzend Familien von Vertriebenen hier im ansonsten unwirtlichen Waldgebiet eine Unterkunft finden konnten.

1946 schickte die amerikanische Besatzungsmacht deutsche Kriegsgefangene zu Aufräumungs- und Entgiftungsarbeiten hierher. Zudem wurde die Stadtentwicklung bereits bald nach Kriegsende auch vom Landkreis gefördert, dessen Bevölkerung durch Heimatvertriebene extrem angewachsen war. Die Gründung der Gemeinde Traunreut sollte die Wohnungsknappheit mildern. 1947 lebten bereits etwa 600 Personen in der „Muna [Munitionsanstalt] St. Georgen“, wie der Ort bis zur Gemeindegründung 1950 hieß. Zum Zeitpunkt der Stadterhebung 1960 zählte Traunreut bereits 6000 Einwohner. Zur heutigen Einwohnerzahl von ca. 21.000 wuchs die Stadt während der wirtschaftlichen Wachstumsphasen in den 1960er und 1970er Jahren durch den Zuzug von Gastarbeitern, dann in den 1980ern von Deutschen aus Südosteuropa und schließlich nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ durch Spätaussiedler aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

Ortsbild

Traunreut, Stadtplatz © Stadt Traunreut
Traunreut, Stadtplatz © Stadt Traunreut

Die städtische Infrastruktur entwickelte sich in ähnlich schnellem Maße. 1952 wurde Traunreut mit der Abzweigung Hörpolding-Traunreut an die Strecke Traunstein-Mühldorf des bayerischen Eisenbahnnetzes angeschlossen, 2006 die zeitweise eingestellte Strecke Traunstein-Traunreut wieder in Betrieb genommen. Bereits unmittelbar nach der Gemeindegründung errichtete man nach Entwürfen des Ortsplaners Josef Rackl 1955 das Rathaus am Rathausplatz, 1954 die evangelische Pauluskirche und die katholische Kirche „Zum Heiligsten Erlöser“, jeweils am südlichen bzw. nördlichen Ende des großzügig angelegten Stadtplatzes. Mit dem Bau weiterer zentraler Einrichtungen wie 1954 einer Apotheke, 1955 einer Postfiliale und 1957 eines Hotels bildete sich der städtische Charakter des Ortes heraus.

Die Kernstadt Traunreut mit ihrem unverfälschten, planmäßig angelegten Stadtplatz und ihren vielen Bauelementen aus den 1950er Jahren stellt heute eine städtebauliche Besonderheit dar. Ältere historische Denkmäler findet man dagegen nur in den eingemeindeten Ortschaften. Auf einem Hügel über der Traun überragt die Kirche Mariae Himmelfahrt den Ort Traunwalchen. Die im 15. Jahrhundert erbaute und 1837 tiefgreifend umgebaute Kirche beherbergt im Hochaltar als bemerkenswertes Kunstwerk eine spätgotische Madonna, die im beginnenden 16. Jahrhundert zum Verehrungsobjekt einer Wallfahrt wurde. Eng verbunden mit der Wallfahrt nach Traunwalchen ist das so genannte „Frauenbrünndl“, ein Zentrum der Volksfrömmigkeit. Es besteht aus einer Quelle, die an einem Hügel hinter dem Dorf entspringt, und einer im Jahre 1606 errichteten Kapelle mit vielen Votivtafeln, die wundersame Heilungen durch das Quellwasser bezeugen. Gotische Kirchen dominieren auch die Ortsansichten der zum Stadtbereich gehörenden Orte St. Georgen und Irsing.

Stein an der Traun liegt kurz vor der Mündung der Traun in die Alz in einer Talenge, die ostwärts mit einer steilen Nagelfluhwand von 48 m Höhe und über 500 m Lange abschließt. Gleichsam an der Felsenwand klebend, präsentiert sich als bekannteste Attraktion des Ortes die eindrucksvolle Hohlenburg. Diese größte und besterhaltene Höhlenburg Deutschlands wurde vollständig in den Felsen hinein gehauen. Die düsteren Räume und Gänge, in denen der sagenumwobene Raubritter Heinz von Stein gelebt haben soll, können besichtigt werden.

Zwischen den Orten Traunwalchen und Matzing liegt am westlichen Ufer der Traun in idyllischer Lage das Schloss Pertenstein. Es wurde um 1290 erbaut und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach umgebaut. Nach einer grundlegenden Sanierung in den letzten Jahrzehnten, bei der der Turm gerade gerichtet und Arkaden freigelegt wurden, erscheint es heute als ein eindrucksvoller Dreiflügelbau mit Innenhof. Mit der Durchführung von Veranstaltungen im Schloss und der Einrichtung eines Pferdesportzentrums mit großer Reithalle kehrte auch wieder Leben in die Anlage ein.

Wirtschaft

Schon bald nach 1948 siedelten sich mehrere Industriebetriebe mit vielen Arbeitsplätzen an. Die leerstehenden Gebäude der Muna bildeten hier ideale Unterbringungsmöglichkeiten. Zu den ersten Betrieben gehörten 1948 die Firmen „Dr. Johannes Heidenhain“ und 1949 die „Siemens Elektrogeräte GmbH“. Es folgten optische und mechanische Werkstätten, Textil- und Zellstofffabriken und weitere Betriebe. Firmen dieser Art benötigten gut ausgebildete Fachkräfte.

Früh erkannten so auch die Stadtplaner, dass gute Bildungsmöglichkeiten eine Existenzgrundlage der aufstrebenden jungen Stadt waren, und planten deshalb schon 1950 ein geräumiges Areal für verschiedene Arten von Schulen ein. Der Bau des städtischen Hallenbades 1970 führte zu einer Aufwertung der Schulsportanlagen. Das Problem des fehlenden Umlandes bremste in den 1970er Jahren die Entwicklung, bis mit der Gebietsreform 1978, bei der die ehemals selbständigen Gemeinden Traunwalchen, Stein an der Traun und Pierling eingemeindet wurden, das heute großflächige Stadtgebiet entstand. Dies führte zu einem weiteren erheblichen Bevölkerungszuwachs und brachte der jungen Stadt viel an Tradition und althergebrachter Kultur ein. Ab 1992 wurden am Rand der Kernstadt Gewerbegebiete mit Einzelhandel und Einkaufszentren ausgewiesen und machten die Stadt wirtschaftlich endgültig zu einem Zentrum des Handels und Gewerbes.

Wappen

Das Wappen, das die Stadt seit 1955 führt, zeigt in Grün ein silbernes Zahnrad über einem silbernen Wellenbalken. Das Zahnrad als allgemein gültiges heraldisches Sinnbild für Industrie und Handwerk bezieht sich auf das Wesen der Gemeinde und die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Bewohner. Der Wellenbalken als heraldisches Flusssymbol weist auf die Traun und damit auf den Ortsnamen hin.

Aktuell

Seehöhe 552 m, Fläche 45,05 km2, 21.910 Einwohner (2010), Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Traunstein.
Das erst vor wenigen Jahren eingerichtete Stadtarchiv bewahrt die schriftlichen Traditionen der jungen Stadt und des Umlandes. Weitere kulturelle Einrichtungen sind das Heimathaus, das vor allem die Erinnerung an die ehemaligen deutschen Ostgebiete – die frühere Heimat der ersten Bewohner der Stadt – aufrechterhalten soll, und das neueröffnete Kultur- und Veranstaltungszentrum „K1“.

Autor/in: Dr. Christian Soika